Gerd Naumann

Der Geschichte auf der Spur

Die Wirren der vogtländischen Geschichte: Einiges wäre in der Öffentlichkeit fast vergessen, hätte Gerd Naumann nicht dazu geforscht. Das Spezialgebiet des Historikers ist Plauen zur Zeit der Weltkriege. Das Leben eines U-Boot-Kommandanten berührt ihn besonders.

„Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen“, sind die Worte des berühmten Dichters Johann Wolfgang von Goethe, während der Kriege nach der Französischen Revolution. Und genau so habe sich Gerd Naumann gefühlt, sagt er, zur Zeit der Friedlichen Revolution 1989 – vor allem am 7. Oktober des Jahres. Er könne sich noch an die Stimmung in Plauen erinnern: „Ich bin mittags zu Hause los und habe die Leute und Fahrzeuge gesehen. Dieses Herzklopfen, das habe ich nie wieder verspürt.“ Geschichte ist seine Leidenschaft, nicht nur, wenn er hautnah dabei ist – sondern auch, wenn er sich in alten Dokumenten und Akten vergraben kann. Dann findet er oft interessante, fast vergessene Menschen, die früher Plauen und das Vogtland prägten.

„Die rauen, kantigen Persönlichkeiten reizen mich besonders - die zwiespältigen Charakter, die nicht so leicht zu durchschauen sind. Ihnen auf die Spur zu kommen, das ist unheimlich spannend.“

Seit 1988 war der gebürtige Leipziger am Plauener Vogtlandmuseum als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt. Auch wenn er frisch in den Ruhestand verabschiedet wurde: „Die Forschungen gehen weiter“. Seine Ausstellungen und sein Buch über die Luftangriffe auf Plauen im Zweiten Weltkrieg sorgten in der Vergangenheit für Gesprächsstoff. „Ich erinnere mich, dass einige ältere Besucher unserer Ausstellungen spontan ins Gespräch kamen und viel zu erzählen hatten“, blickt er auf seine Arbeit zurück.

Ein Schicksal berührt ihn besonders: Das Leben des U-Boot-Kommandanten Werner Hartenstein, der 1908 in Plauen geboren wurde. In mehreren Veranstaltungen, Kolloquien und Ausstellungen würdigte Naumann dessen Leistung. 1942 torpedierte Hartenstein mit seinem Boot U 156 „Plauen“ auf dem Atlantik den zum Truppentransporter umgerüsteten, ehemaligen Luxusliner „Laconia“, auf dem sich unter anderem britische Militärs und auch Zivilisten befanden. „Das konnte Hartenstein nicht wissen. Er veranlasste auf eigene Faust, die Menschen aus dem Wasser zu retten. Andere Kommandanten gaben sich oft weniger Mühe.“ Bei dem legendär gewordenen Laconia- Zwischenfall konnten 1100 Menschen gerettet werden, 1500 kamen um. Naumann engagiert sich als Vorstandsmitglied im internationalen Verein „International Submarine Connection U-156 Plauen“, der seinen Sitz in Plauen hat: „Die Völkerverständigung und das Gedenken an Hartenstein stehen im Mittelpunkt. Es soll nicht in Vergessenheit geraten, wie er im Krieg Humanität gezeigt hat“, erklärt Naumann.

Gerd Naumann hat an mehreren Orten des Vogtlandes als Geschichtsexperte seine Spuren hinterlassen: Die Ausstellungsräume auf dem Oelsnitzer Schloss Voigtsberg entstanden nach seinem Konzept. Als Mitglied der Facharbeitsgruppe „Museen und Ausstellungen im Vogtland“ ist er für den Kulturraum Vogtland-Zwickau seit 20 Jahren ehrenamtlich aktiv, um Einrichtungen zu Fördergeldern zu verhelfen. Und als Vorstand des noch jungen Vereins „Vogtland '89“ will er die Wendezeit in der Region aufarbeiten. Im September 2019 soll er für sein Engagement mit dem Ehrenamtspreis des Vogtlandkreises im Bereich Kultur ausgezeichnet werden.